Tag 7: Stuor-Jiertá - Teusajaure

Heute Nacht war es nochmal kälter als vergangene Nacht. Uns war kalt, und nach dem Thermometer meiner Uhr hatte es zu Tiefstzeiten 3° Celsius im Zelt, das wahrscheinlich ein paar Grad Unterschied zu der Außenluft hatte. Es war also wirklich arschkalt. Aber als der Morgen anbricht wärmt es sehr schnell auf, und als wir aufstehen scheint die Sonne schon richtig aufs Zelt. Wir kommen heute sehr schnell aus den Federn (auch wenn wir beide nicht in Daunen- sondern in Kunstfaserschlafsäcken schlafen), und starten unsere Morgenroutine. Der Plan des Wäsche-über-Nacht-trocknen-lassen hat wegen der Kälte nicht so gut funktionert wie gedacht, aber im Sonnenschein werden die Sachen schnell trockener. Wir frühstücken Müsli und bauen das Zelt ab. Dank der Sonne konnte ich auch noch die restlichen Geräte von uns mit dem Solarpanel aufladen.

Als wir losgehen ist der Weg sehr angenehm zu gehen, und wir legen einiges an Distanz zurück. Die Sonne scheint volles Rohr, und wir tragen so wenig wie seit langem nicht mehr. Ich trage ein langärmeliges, Leon ein kurzes T-Shirt. Wir überqueren mit einer Hängebrücke den Tjäktjajåkka, den wir die letzten 30 Kilometer begleitet hatten. Weil wir so viel abgestiegen sind seit dem Tjäktjapass kommen wir hier erstmals seit Tag 2 wieder unter die Baumgrenze und gehen wieder durch Birkenwald. Durch diesen Wald begleiten wir also immer weiter den Tjäktjajåkka bis wir den Kaitumjaure, einen wirklich sehr großen See sehen, in den der Tjäktjajåkka mündet. Der Kaitumjaure ist nicht sehr breit, aber dafür viele Kilometer lang. Wir sehen ihn aber nur kurz an diesem Ende. Den See entlang haben wir einen wirklich schönen Blick ins Tal, bis wir weiter absteigen und zur Kaitumjaurestuga stoßen.

Leon mit Kaitumjaure im Hintergrund

Wir sind wirklich schnell gewesen und es ist gerade erst 12 als wir bei der Hütte ankommen. Trotzdem wollen wir schon hier an einem der Picknicktische essen. Dafür setzen wir uns zu einer jungen Schwedin, die gerade ihre Sachen packt, um loszugehen. Wir kommen ins Gespräch, und sie erzählt, dass sie den Kungsleden von Vakkotavare aus nach Abisko, also in die andere Richtung als wir geht. Wir geben einander Tipps für den kommenden Weg und reden noch ein bisschen über das endlich schöne Wetter bevor sie tatsächlich losgeht. Als wir gerade unseren Kocher aufbauen kommt ein deutsches (Ehe-)Paar vorbei, dass sich streitet wo denn hier das Klo ist. Das amüsiert uns ein wenig (insbesondere weil das Klo wirklich nicht schwer zu finden ist), aber wir sind eher froh als die Beiden wieder von dannen ziehen. Als wir unser Ramen fertig gegessen haben kommt auch die Wandererin von der ich gestern geschrieben habe und legt eine Pause bei uns am Tisch. Dadurch kommen wir endlich mal gescheit ins Gespräch. Bis dato haben wir nie gerastet als wir uns getroffen haben. Bald stellt sich heraus, dass sie aus Hamburg kommt, und wir es uns mit unserem Englisch seit Tag 3 unnötig kompliziert gemacht haben. Sie hat sich offenbar schon an ihrem 2. Reisetag schwer erkältet, und wird ihren ursprünglichen Plan den ganzen Kungsleden von Abisko bis Hemavan zu gehen nicht durchziehen. Stattdessen wird sie in Vakkotavare, das sie hofft morgen zu erreichen, die Heimreise antreten. Wir haben inzwischen wieder unsere Sachen zusammengepackt und gehen weiter, während sie noch länger Pause macht. Ursprünglich hatten wir vor hier auch unseren Proviant aufzustocken, aber hier wird nur Bargeld akzeptiert, weshalb wir unsere Besorgungen bis Teusajaure aufschieben.

Es gibt auch viele Blumen bei der Hütte, die von Hummeln umschwirrt sind

Hier lassen wir also den Kaitumjaure hinter uns, und gehen kurz den mächtig tosenden und schäumenden Kaitumjåkka flussaufwärts, bis wir ihn über eine Hängebrücke überqueren, und uns dann von ihm entfernen. Langsam beginnt der Anstieg auf das Muorkifjällplateau. Schon bald sind wir wieder über der Baumgrenze und lassen den Birkenwald hinter uns. Ständig sehen wir eine Kuppe, von der wir denken, dass wir mit erreichen ebendieser oben angekommen sind und mit einem tollen Rundumblick belohnt werden, aber jedes Mal taucht eine neue Kuppe auf. Irgendwann sind wir dann aber doch bei der Hochebene angekommen und das Panorama ist wirklich beachtlich. Alle paar Minuten schauen wir uns erneut um, und die Perspektive auf die nahen und die fernen, gletscherbedeckten Berge hat sich jedes mal ein wenig geändert. Als wir das Plateau überqueren tauchen auf einmal ein paar schneebedeckte sehr hoch wirkende Gipfel am Horizont auf. Kurze Recherche ergibt, dass das tatsächlich die rund 40 Kilometer entfernten, nördlichsten Gipfel des Sarek Nationalparks sind. In diesen Park wollen wir in einigen Tagen auch hineinschauen. Allerdings wird unser Eintrittspunkt deutlich weiter im Süden liegen.

Irgendwann tauchen die 40 Kilometer entfernten Gipfel auf

Als die Hochebene an ihr Ende kommt, beginnt unser Abstieg in das Teusadal, das besonders schön sein soll. Dabei kommen wir wieder unter die Baumgrenze und es tauchen die ersten Birken auf. Als sich zusätzlich der Blick auf den See eröffnet, der sich toll im Sonnenlicht spiegelt, fühlen wir uns fast wie auf einer Wanderung in Südeuropa. Zusätzlich kommen wir beim Abstieg an einem sehr Eindrucksvollen und großen Wasserfall vorbei. Hier haben wir auch erstmals nicht sofort gewusst, wo der Weg weitergeht. Nach kurzem Umsehen wussten wir wieder wo lang, aber das ist uns bisher nicht passiert. Der Kungsleden ist echt astrein ausgeschildert und markiert. Der Abstieg ist für mich leider eine ziemliche Qual. Mein Knie ächzt, es ist auch so extrem anstrengend, und die nassen Wegstücke erfordern zusätzliche Konzentration um nicht sensationell auf die Nase zu fliegen. Und ständig findet sich irgendein Bach, der meint sich seinen Weg genau am Kungsleden bahnen zu müssen, wodurch recht viel rutschiger Untergrund zu überwinden ist.

Der Wasserfall an dem wir vorbeigehen

Nach einer anstrengenden Zeit ist aber auch dieser Abstieg geschafft, und wir kommen bei den Teusajaurestugorna an. Hier können wir uns tatsächlich die erhofften Lebensmittel und eine Packung Kekse, die wir unverzüglich verschlingen besorgen. Hier führt der Kungsleden über den Teusajaure weiter. Dazu stehen Ruderboote zur Verfügung mit denen man das etwa 1000 Meter breite Gewässer aus eigener Muskelkraft hinter sich bringen kann. Für erschöpftere Wanderer*innen, wie wir sie sind gibt es auch die Möglichkeit sich mit einem Motorboot zu dem anderen Ufer chauffieren zu lassen. Wir sind um kurz nach 16 Uhr angekommen, und um 17 und 18 Uhr fährt das Motorboot ein mal hin und her. Wir wollen um 17 Uhr fahren, doch verpassen das Boot, weil wir an der falschen Stelle gewartet haben, und müssen so noch eine Stunde länger warten bis es weitergeht. Dafür können wir den anderen Kungsledengeher*innen zuschauen, wie sie die 3 Ruderboot so managen, dass alle auf die andere Seite kommen, aber gleichzeitig an beiden Ufern mindestens 1 Boot für spätere Wanderer*innen bleibt.

Der Strand für die Ruderboote bei der Hütte

Nachdem wir die Stunde abgewartet haben, können wir endlich ins Motorboot steigen, und werden von einem sehr charmanten Mann ans andere Ufer gelenkt. Dabei haben wir in alle Richtungen tolle Aussichten. Insbesondere den Wasserfall von vorher sieht man vom Boot aus in seiner vollen Pracht.

Fährmann mit dem Wasserfall von vorhin im Hintergrund

Am anderen Ufer angelangt sind wir sofort wieder im Wald und gehen noch ein wenig weiter. Unser Kungsledenführer hat uns ein baldiges Ende des Waldes und einen Wechsel zu einer Heide versprochen, doch der der will nicht und nicht eintreten, und wir stellen noch im Wald unser Zelt auf. Ich gehe noch zum etwa 250 Meter entfernten Fluss Wasser holen, und wir bringen unsere Abendroutine hinter uns.

Es hat tatsächlich heute den ganzen Tag die Sonne geschienen, und es war richtig warm. Endlich sind die Sonnencreme, die Kappen und so weiter kein dead weight mehr. So einen Tag haben wir echt schon lange ersehnt, und morgen soll das Wetter noch einmal genau so werden.

Leider ist heute Abend ein ziemliches Stimmungstief für uns. Heute haben wir uns wirklich überanstrengt, und die Mücken umkreisen und zerstechen uns zu Tausenden. Als ich im Zelt liege und diesen Blogeintrag schreibe lösche ich durch einen ärgerlichen Bug 1150 geschriebene Worte, was meine Stimmung endgültig in den Keller treibt.

  • Distanz: km
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  • Dauer:
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  • Höhe: 🠕m, 🠗m (Insgesamt m)

Dieser Artikel ist Teil der Reihe Kungsleden 2022.
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