Heute Nacht war es zum Glück wieder wärmer als vergangene Nacht, in der unser
Schlaf nicht so erholsam war, weswegen wir gleich eine Stunde länger schlafen
als sonst meist. Nachdem wir aufstehen, beginnt Leon gleich - unter bedecktem
Himmel - Heidelbeeren zu sammeln. Nachdem ich das Zelt innen zusammengeräumt
habe stoße ich dazu, und wir sammeln bis um 10, also etwa eine Stunde lang
Heidelbeeren. Diese verarbeiten wir dann mit einem Schuss Wasser, einer Menge
Hitze und Honig zu einem marmeladenähnlichen Heidelbeermus. Weil wir wirklich
viele Beeren gesammelt haben, haben wir auch viel Mus. Wir essen jeweils zwei
Knäckebrote mit dem Mus. Jeweils einmal mit Erdnussbutter darunter, einmal
ohne. Das schmeckt schon ziemlich fantastisch. Den Rest vermischen wir dann mit
etwas Milch und Haferflocken zu einem vorzüglichen Heidelbeermüsli, in dem der
Heidelbeeranteil fast gleich groß ist, wie der Haferflocken und der Milchanteil
gemeinsam. Die Farbe dieser Mischung ist auch ein sehr schönes Magenta. Für das
Mus haben wir den letzten Honig der uns noch übergeblieben war aufgebraucht.
Den haben wir an Tag 1 in Abisko besorgt und
seither sehr oft benutzt. Das war wahrscheinlich eine der besten Investitionen
in Abisko.



Weil das Kochen, das Abwaschen und der Zeltabbau auch Zeit in Anspruch nehmen
gehen wir heute erst sehr spät, um 11:30, los. Durch das viele draußen sein
ohne Bewegung wird uns auch kalt und ich ziehe mir sogar die Handschuhe an. Der
Kungsleden führt uns heute als erstes über einen kleinen Fluss, der aus dem
Stuor Dáhtá in den Sjabtjakjaure fließt. An letzterem sind wir gestern
angekommen, als wir bei der Pårtehütte waren, und sind ihn bis zu unserem
Zeltplatz entlanggegangen. Das Ufer des Erstgenannten erreichen wir heute.
Durch den Wind, der heute geht, bilden sich am See schöne Wellen, und insgesamt
bildet der See eine schöne Aussicht. Wir gehen ein wenig das Ufer entlang,
bevor wir uns von dem See trennen und ein bisschen bergauf gehen. Dann geht
es ziemlich lange und ein wenig bergab über - teilweise sehr gatschigen oder
steinigen - Waldboden.

Auch heute finden wir wieder viele reife Moltebeeren. Ich weiß nicht, ob wir jetzt so viele finden, weil wir weiter im Süden sind, oder weil es einfach etwas später im Jahr ist. Die vielen Sonnenstunden geben den Pflanzen im Sommer doch einen ziemlichen Wachstumsboost. Jedenfalls gibt es die hier und jetzt wesentlich häufiger als bisher, und sie sind wirklich etwas Gutes, das wir außerhalb des Fjälls wohl nicht mehr bekommen werden.
Etwas später als sonst, essen wir heute auf einem umgefallenen Baumstamm sitzend ein letztes Mal unsere Makkaroni-Tubenkäse Kreation. Dabei beginnt es leicht zu nieseln. Sonnenlicht sehen wir heute ohnehin kaum. Von unserer Essensstelle sind es noch etwa 7 Kilometer bis nach Kvikkjokk. Als wir uns auf etwa 2 Kilometer an Kvikkjokk annähern, haben wir wieder Empfang und auch den Gamájåhkå können wir aus der Ferne rauschen hören. Dieser Fluss, dessen Größe wohl nur mit der des Tjäktjajåkka und des Abiskojåkka vergleichbar ist, mündet bei Kvikkjokk in diverse Seen.
Wir kommen zu einer letzten Abzweigung, und biegen dabei auf eine breite
Forststraße ein. Hier hat sich wieder einmal ein regelrechter See auf dem Weg
gebildet, und wir müssen einen großen Bogen um ihn herum machen, um nicht
klatschnasse Füße zu bekommen. Dann kommen wir zu einem großen Parkplatz, dem
ersten Anzeichen für Zivilisation (wenn man von dem Mobilfunkempfang absieht).
200 Meter weiter ist dann auch die Fjällstation, bei der der Abschnitt des
Kungsleden, den wir auf dieser Reise gehen, seinen Abschluss findet. Um 16:20
kommen wir bei der Station an, und der Shop öffnet erst um 17:00 wieder. Wir
müssen also eine gute halbe Stunde warten, bis der Shop in der Fjällstation
wieder öffnet. Hier finden wir aber erstaunlich karges Angebot. Fast
Ausschließlich Snacks gibt es hier zu kaufen, und gar nichts, was für ein
Frühstück geeignet wäre. Auch einen Kvikkjokk-Aufnäher, der den in Abisko
gekauften wunderbar ergänzen könnte, finden wir hier nicht. Die sind offenbar
gerade allesamt ausverkauft. Wir kaufen uns trotzdem einen Heidelbeersaft, eine
Tafel Schokolade und Reiswaffeln, die wir morgen frühstücken werden.

Insgesamt sind wir wesentlich früher als eigentlich geplant gewesen wäre in Kvikkjokk angekommen. Dadurch dass wir den Umweg durch das Nallotal nicht genommen haben und unseren Sarekausflug derart verkürzt haben, haben wir schon einige Tage gespart. Ruhetage haben wir auch nicht wirklich eingelegt, nur den Skierffe haben wir zwei mal erklommen. Weil wir jetzt noch so viel Zeit haben, werden wir schon etwas früher in den Süden Schwedens fahren und dort eine gemeinsame Freundin von den Pfadfinder*innen, die dort wohnt besuchen. Das Umbuchen geht bei der SJ glücklicherweise sehr unkompliziert, und die Busse fahren sogar zu angenehmeren Zeiten. Morgen können wir um 9 oder um 15:25 in einen Bus steigen. An unserem eigentlichen Abreisetag wäre das nur um 5:20 in der Früh gegangen. Ich bin froh dass uns das erspart bleibt.
In der Fjällstation hängt ein Zettel mit einer Empfehlung für einen Zeltplatz
in der Nähe, die wir zu Herzen nehmen. Dort stehen schon einige Zelte, und wir
stellen unseres dazu. Es gibt einen Zugang zum Fluss, bei dem wir auf den
großen und flachen Steinflächen sitzend unser Abendessen, die restlichen
Nudeln, essen. Der Gamájåhkå ist hier wirklich sehr mächtig und tost in
unglaublicher Lautstärke. Die Wassermassen ziehen nur so an einem vorbei. Hier
bekommen wir auch noch unsere letzten Sonnenstrahlen für heute ab, doch als die
Sonne hinter Wolken verschwindet wird uns kalt und wir gehen schnell ins Zelt.
Uns erwartet wohl wieder eine besonders kalte Nacht.

Dieser Artikel ist Teil der Reihe Kungsleden 2022.
Tag 17: Kvikkjokk - Jokkmokk › ‹ Tag 15: Suobbattjåhkå - Sjabtjakjaure