Heute Nacht wurden wir von einer klirrenden Kälte überrascht. Laut dem
Thermometer meiner Uhr hatte es im Zelt wieder 3° Celsius. Das ist so kalt
wie es in der Nach auf Tag 7 hatte, und das
war unsere kälteste Nacht bisher. Wir hatten diese Temperaturen nicht erwartet,
und mussten deshalb mitten in der Nacht alle unsere Isolationsregister ziehen.
Am Morgen ist es allerdings schon wieder relativ warm. Wir wagen wieder ein
kulinarisches Experiment. In Saltoluokta haben wir eine Packung Schokopudding
mit zwei Sackerln besorgt. Die erste haben wir vor ein paar Tagen (Tag 12) so
wie gedacht konsumiert, aber wir waren nicht begeistert. Deshalb haben wir uns
überlegt, dass wir ihn in unseren morgendlichen Porridge mischen könnten, und
genau das machen wir heute. Es ist nicht ganz so gut wie erhofft, gibt dem
Porridge aber ein bereicherndes Schokoaroma.

Wir packen wieder das Zelt und unsere restlichen Sachen ein und gehen los. Nach
wenigen Minuten überqueren wir denn spannenderen, wesentlich reißenderen Arm des
Suobbattjåhkå und beginnen einen relativ steilen Anstieg. Schnell weichen die
Nadelbäume dem altbekannten Birkenwald. Aber etwas später lassen wir auch den
hinter uns und kommen wieder einmal über die Baumgrenze. Der Weg ist nicht mehr
ganz so angenehm zu gehen, wie er es gestern war, und verbunden mit der
Steigung sind wir deutlich langsamer als gestern. Hier sehen wir einerseits die
Südseite des Tjahkelij und ein bisschen in den Sarek hinein, und zur anderen
Seite sehen wir von oben den Tjaktjajaure, einen riesigen Stausee. Als wir nach
dem Anstieg, auf der selben Höhe bleibend, gehen rückt auch der Rittak, ein
formschöner See vor dem Tjaktjajaure in unser Sichtfeld.

Es geht nochmal wenig bergab zu einer Schutzhütte, die aber wieder von Bäumen
umgeben ist. Hier holen wir Wasser für unser Mittagessen, und steigen auf der
anderen Seite der Hütte wieder, aber diesmal ein letztes Mal am Kungsleden über
die Baumgrenze. Hier suchen wir uns ein nettes Plätzchen zum Mittagessen mit
Blick auf den Rittak, und essen Vollkornspaghetti mit Pesto. Seit wir die
Nudeln aus Abisko aufgegessen haben, haben wir immer Makkaroni unverpackt
gekauft. Dadurch hatten wir keine Packungsgröße als Referenz, und haben immer
nach Augenmaß portioniert. Wir wussten aber immer wie viele wir gekauft haben,
und haben dadurch geschätzt dass wir bei einer Mahlzeit rund 500 Gramm Nudeln
essen. Deshalb haben wir die ganze Packung Nudeln gemacht, und hatten dadurch
eine wirklich sehr stattliche Portion. Wir haben sie in unserem Wanderappetit
trotzdem aufgegessen und danach sogar noch ein paar Kekse.

Gut gesättigt nehmen wir den Anstieg zum Pass zwischen Huornatj und Faunåive in
Angriff. Hier gehen wir über eine wirklich gruselige Hängebrücke. Die Brücke
selbst wirkt dabei auf mich sehr stabil, aber die steile Treppe die hinauf geht
ist wirklich schief und nicht gerade vertrauenserweckend. Wir beobachten auch
ein, zwei Minuten lang einen Adler (vermutlich), der hoch über dem Tal kreist.
Die letzten Höhenmeter sind schnell geschafft und wir stehen bei fast 900
Höhenmetern am Pass. Das war der letzte große Anstieg vor Kvikkjokk, und ab
jetzt führt der Kungsleden hauptsächlich bergab. Vom Pass aus sehen wir bis zu
den Bergen die unmittelbar nordwestlich von Kvikkjokk stehen. Das Ziel unserer
Wandertour scheint schon in greifbarer Nähe. Doch davor geht es noch zum von
hier aus schon sichbaren Sjabtjakjaure zur Pårtehütte. Bis dahin gilt es gut
300 Höhenmeter abwärts zu überwinden. Das geht auch direkt ziemlich steil und
anstrengend los, wodurch sich mein Knie wieder einmal meldet. Weil der Pass nur
knapp über der Baumgrenze war, gehen wir schon bald wieder durch Wald, zuerst
Birke, dann Nadelbäume. Als es langsam weniger steil wird gibt es wirklich
dichten Heidelbeerwuchs um uns herum, und wir bleiben regelmäßig stehen, um
Heidelbeeren zu naschen. Als wir wieder einmal auf Bohlen über Sumpfgebiet
gehen, finden wir auch vergleichsweise viele und teilweise sehr reife
Moltebeeren. Die schmecken, wenn sie echt reif sind, nochmal besser.

Insgesamt ist der Abstieg ziemlich lange und anstrengend. Zwei Mal hat sich das
Wasser wieder keinen eigenen Weg gesucht, und den Wanderweg übernommen. Wir
überqueren einen Fluss per Hängebrücke, und irgendwann kommen wir dann
tatsächlich bei dem See und der Hütte an. Hier rasten wir ein bisschen, gehen
aufs Klo und trinken ein wenig Saft der hier an die Besucher*innen verteilt
wird bevor wir uns an das letzte Stückchen Weg für heute wagen. Wir sind schon
ziemlich müde und gehen nach der Hütte nur mehr knappe 2 Kilometer bis wir in
der Nähe eines Baches eine Lichtung beziehen.

Zum Abendessen probieren wir heute wieder etwas neues aus, was es in Aktse gab: Tortillas mit veganer “Füllung”, die es fertig zu kaufen gab. Mit Dosentomaten und ein paar übrigen Linsen angereichert hat das ziemlich gut geschmeckt. Als Nachspeise haben wir uns ein Sackerl an Gummizeug besorgt um es auszuprobieren, aber als wir es öffnen sind wir enttäuscht dass fast die Hälfte Lakritze ist. Auch die anderen Süßigkeiten die darin enthalten waren sind nicht sehr überzeugend. Da hätten wir lieber noch eine Packung Kekse besorgt. Insbesondere die, die wir bei den Teusajaurestugorna gekauft und gegessen haben, hätten wir gerne nochmal gegessen. Danach gehen wir bald ins Zelt und hoffen dass die kommende Nacht nicht ganz so kalt wird wie die vergangene Nacht.
Die heutige Etappe war wirklich lange uns anstrengend. Wenn man den Kungsleden als Hüttentour ohne Zelt gehen ist die Etappe die wir heute größtenteils gegangen sind, wohl eine der herausforderndsten. Da kommt wahrscheinlich sonst bisher nur die Etappe zwischen den Abisko- und Alesjaurestugorna heran, die auch schon sehr anstrengend war.
Dieser Artikel ist Teil der Reihe Kungsleden 2022.
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