Tag 13: Skierffe

Heute wache ich um kurz vor 6 schon auf und merke, dass die Sonne scheint. Als dann noch in der Nähe unseres Zeltes Raben Radau machen, merke ich, dass ich nicht mehr schlafen werde, und stehe schon auf. Ich stelle das Solarpanel auf, mache ein paar Fotos von der Umgebung, die man jetzt endlich sieht, und beginne Heidelbeeren zu sammeln. Etwa eine halbe Stunde lang sammle ich also Heidelbeeren in der Nahe vom Zelt, und dann gehe ich noch Wasser holen. Dann ist es schon etwa 7, die Uhrzeit zu der wir gestern ausgemacht haben einen Wecker zu stellen (es war für den Vormittag besonders gutes Wetter angekündigt, und wir wollen deshalb schnell aif den Skierffe) und ich wecke Leon auf. Um halb 7 hat es begonnen nebliger zu werden, und jetzt sehen wir kaum mehr bis zum See. Wir essen jetzt erstmals und endlich Porridge mit Heidelbeeren. Davon habe ich seit Tagen geträumt, aber wir hatten bis dato einfach nie gleichzeitig Heidelbeeren in der unmittelbaren Umgebung unseres Zelts und keinen Regen am Morgen.

Der Heidelbeerertrag heute Morgen

Nach dem Frühstück packen wir meinen Rucksack mit Regensachen, Kamera, Solarpanel, Powerbank, Nudeln und dem Spirituskocher und machen uns auf den Weg zum Skierffe. Inzwischen ist im Tal kein Nebel mehr, und wir haben die Hoffnung, dass es am Berg auch noch aufzieht. Wir gehen den Weg jetzt schon das dritte Mal und kennen ihn schon ganz gut. Es ist trotzdem sehr anders für uns, weil wir heute viel viel mehr sehen. Wir sehen, wo wir hingehen, wir sehen die Markierungen für den Pfad auch wenn sie weiter als 10 Meter weg sind, und wir sehen die Landschaft. Der Blick zurück in den Osten offenbart eine Hügellandschaft, der in den Westen einen Einblick in das Sarekgebirge. Wir kommen trockenen Fußes bis zu dem riesigen Felsen, und gehen weiter hinauf. Mein Knie ist leider noch von gestern beleidigt, und klagt ein wenig. Wir sind sehr flott unterwegs, weil wir nur einen vergleichsweise leichten Rucksack dabei haben, und kommen bald zum Gipfel. Wir hatten fast den ganzen Aufstieg lang Sonnenschein und wir bereuen, dass wie keine Sonnencreme und Leons Kappe nicht mitgenommen haben. Das Wetter übertrifft unsere Erwartungen.

Wir sehen nicht mal bis zum Nammásj, aber hoffen dass sich das noch legt

Und das macht auch der Ausblick, der uns heute am Gipfel erwartet. Das Delta ist in seiner bildschönen Gesamtheit zu sehen und die Höhendifferenz ist wirklich furchteinflößend. Mit seinen 1183 Metern ist der Skierffe knapp höher als der Tjäktjapass auf 1140 Metern. Der Pass war bis jetzt der höchste Punkt unserer Tour und wird nun vom Skierffe übertrumpft. Das Rapadalen liegt aber knapp unter 500 Metern und so haben wir eine Differenz von rund 700 Metern. Wir trauen uns kaum einen Meter an den Rand hinan, aber auch so ist der Blick fantastisch. An den Armen des Flusses sind gewissermaßen Alleen - links uns rechts sind eine dünne Spur Bäume bevor die Vegetation flacher und gleichmäßiger wird. Das Wasser des Flusses nimmt im Flussverlauf verschiedene Farben an, und auch der Laitaure den man im Westen sieht bekommt durch die Schatten der Wolken vielfältige Schattierungen. Das Delta mit den Seen ist echt etwas einzigartiges, und wir sind uns einig, dass dieses Panorama das besonderste ist, das wir auf unsere Tour gesehen haben. In den Sarek hinein sieht man einen großen Gletscher und viele schneebedeckte Berge. Auch die Berge die wir zum Ridok entlanggegangen wären sind sichtbar, und die Route durch das Tal zum Nammásj lässt sich erahnen. Vis à vis sieht man den Tjahkelij mit seinen schroffen, steilen Felswänden aus dem Tal ragen. Wenn er leichter zu erklimmen wäre, würden auch dort viele das Panorama bewundern. Ich wage mich, auf den Bauch gelegt, sogar mit dem Gesicht über den Abhang, und schaue beängstigend viele Meter gerade nach unten. Leon ist das zu gruselig und er lässt das aus.

Das Rapadelta in seiner gesamten, atemberaubenden Schönheit
Die Kante an der ich am Gipfel sitze
Auf dem Felsen kann ich ziemlich geradewegs hinunter ins Tal schauen
Das Rapadelta. So etwas unglaublich schönes hatte ich vielleicht noch nie gesehen
Der Blick ganz gerade hinunter als ich mit dem Kopf über dem Abgrund hänge

Wir sind noch vor 12 am Gipfel angelangt, und machen uns um 12 Nudeln, die wir mit Pesto essen. Es ist inzwischen wirklich repetitiv, aber das (vegetarische) Angebot in den lässt wirklich zu wünschen übrig. Während wir kochen und essen füllt sich das kleine Gipfelplateau immer mehr. Bei dem sagenhaften Wetter bleiben viele noch am Gipfel. Sei es um etwas zu essen, oder um sich zu sonnen. Als wir gerade essen kommt ein Hubschrauber auf unserer Augenhöhe ins Tal geflogen, und bleibt zwischen Skierffe und Tjahkelij in der Luft für 20 Sekunden stehen, bevor er plötzlich einen furchteinflößenden Sturzflug ins Tal macht, und dann wieder aufsteigt, und auf der anderen Seite des Tjahkelij nochmal vorbeifliegt. Währenddessen landet ein anderer Helikopter in Aktse. Die ganze Tour sind wir schon überrascht von dem regen Luftverkehr, der hier bei Altse ganz besonders stark ist. Es gibt touristische Flugangebote, einerseits um von Kvikkjokk nach Aktse und umgekehrt zu kommen, und andererseits gibt es auch “Aussichtsflüge”, bei denen man zum Beispiel über das Rapadelta geflogen wird. Wir finden das ein bisschen absurd, insbesondere weil es das Vergnügen aller Wanderer*innen durch den am Gipfel doch sehr lauten Lärm einschränkt.

Der touristische Helikopterflug fliegt wirklich nahe an uns vorbei
Und legt plötzlich
einen erschreckenden
und spektakulären Sturzflug hin

Wir sitzen noch lange am Gipfel in der Sonne, laden die Powerbank, trocknen unsere Schuhe, beobachten Leute die den ersten Blick hinunter werfen, und wie sie zurückschrecken, und schauen uns das ergiebige Panorama an. Irgendwann lasse ich auch eins der in den Dreck gefallenen Maccaroni den Abhang hinunterfallen. Es fällt und fällt und fällt bis ich es nicht mehr sehen kann. Und die helle Farbe der Nudel war erstaunlich gut erkennbar, es ist einfach nur so extrem hoch.

Als die Lichtbedingungen gut - also die Sonne kurz hinter einer Wolke ist - sind, stellen wir noch das gemeinsame Gipfel- und Abhamgselfie, das wir gestern vor weißem Hintergrund gemacht hatten nach. Gute zwei Stunden verbringen wir so am Gipfel, bevor wir uns an den Abstieg machen. Hier übernimmt Leon den Rucksack, und ich kann ohne Gepäck gehen. Mein Knie ist dankbar. Auch der Abstieg geht recht schnell vorüber, und wir sind bald zurück bei dem Riesenfelsen, wo wir noch einem anderen deutschsprachigen Wanderer den trockenen Pfad am Sumpf vorbei zeigen. Er hatte uns am Gipfel gefragt ob man auch querfeldein absteigen könne, wir haben ihm aber davon abgeraten, und darauf hingewiesen, dass es einen trockenen Weg gibt.

Das Replikat vom gestrigen Gipfelselfie, aber bei schönerem Wetter

Zurück am Zeltplatz holen wir die Nachspeise, getrocknete Marillen, nach, die wir beim losgehen vergessen haben. Es ist erst kurz nach 4 und so machen wir es uns bei unserem Zeltplatz gemütlich, bis wir Linsen mit Bohnen und Dosentomaten zu Abend essen, und uns ins Zelt zurückziehen.

Heute wurden wir echt noch einmal gewaltig dafür belohnt, den Aufstieg zum Skierffe gewagt zu haben, und einen fantastischen Sonnentag gehabt. Das hat unsere und insbesondere meine Stimmung stark gehoben, und wenn der Wetterbericht hält was er verspricht, nämlich morgen einen Tag noch sonniger als heute, wenn auch ein wenig kühler, dann wird es auch am Weg nach Pårte gut gelaunt weitergehen.

  • Distanz: km
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  • Dauer:
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  • Höhe: 🠕m, 🠗m (Insgesamt m)

Dieser Artikel ist Teil der Reihe Kungsleden 2022.
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