Heute morgen wachen wir nach einer sehr warmen und entspannten Nacht zu ein wenig Sonnenschein durch die Fenster auf. Das stimmt uns sehr optimistisch, und wir machen uns fertig, den Skierffe zu erklimmen. Über den Skierffe konntet ihr auch schon im Einführungsbeitrag lesen. Das ist wirklich einer der Orte zu denen ich unbedingt wollte, weil die Aussicht auf das Rapadelta echt umwerfend ist.
Ursprünglich hatten wir vor, über den Skierffe hinaus in den Sarek
hineinzuschnuppern, über den westlichen Ridokrücken ins Tal hinunterzusteigen,
und dann auf den Nammásj zu gehen. Wegen meines Knies war ich schon früh
besorgt, was den Abstieg ins Tal anbelangt, und durch Leons wasserdurchlässige
Schuhe wollten wir für den Notfall der durchnässten Füße nicht zu weit von
einer Hütte entfernt sein. Dadurch haben wir unseren Sarektrip deutlich
eingeschränkt, und nur den Ridokgipfel geplant.

Wir machen uns also, inzwischen wieder bei bedecktem Himmel, auf den Weg zum
Skierffe, und legen dafür gewaltig Höhenmeter zurück. Nach den ersten paar
Metern treffen wir einen Mann der uns fragt, ob wir auf den Skierffe gehen, und
uns nach einem Blick auf meine Kamera eine gute Aussicht von oben wünscht. Als
wir die Abzweigung zum Skierffe erreichen haben wir gute 1,5 km und 200
Höhenmeter zurückgelegt. Wie gestern sehen wir wieder zwei große
kohlrabenschwarze (Kohl-?)Raben. Ab jetzt weichen wir vom Kungsleden ab, und
gehen in den Westen.

Hier geht es stetig weiter bergauf, und schnell landen wir
wieder in sehr sumpfigem Gelände, was uns das (trockene) Vorankommen erschwert.
Während wir hier gehen, beobachten wir eine Helikopterlandung in Aktse. Gestern
hat jemand einen Helikoptertransport aus Aktse bestellt, und wir haben das
Gespräch mit der Hüttenwärtin dazu gehört. Doch auch der Sumpf geht vorüber,
und wir landen bei einem gigantischen Felsen, der hier herumsteht. Wir wundern
uns, wie der da hin gekommen ist, weil von oben kann er kaum heruntergefallen
sein. Hier haben wir auch einen ersten schönen Blick aufs Rapadelta, das sich
hier entfaltet. Auch der Nammásj ist sichtbar und erscheint viel näher und
größer als die Fotos die wir gesehen haben uns haben glauben lassen. Der
Skierffe steht äußerst spitz ins Tal hinein, und erfüllt uns mit Vorfreude.

Doch schon kurz danach zieht eine Wolke auf, die den Gipfel vom Skierffe
umhüllt, und so jegliche Sicht auf, und wohl auch von dem Gipfel verhindert.
Wir hoffen dennoch, dass es, bis wir oben sind, noch aufzieht und gehen weiter.
Andere Wanderer*innen die unterwegs waren haben schon umgedreht und viele
weitere werden das heute auch machen bevor sie den Gipfel erreichen. Während
wir weiter ansteigen werden auch wir langsam in den Nebel gehüllt, und sehen
keine 20 Meter weit. Leider sinkt dadurch auch meine Laune ziemlich in den
Keller, und nach rund 600 von Aktse aus machen wir eine Mittagspause und essen
nochmal Nudeln. Das Kochen und das Abwaschen übernimmt dankenswerterweise Leon,
weil es hier oben so kalt ist, dass ich meine Hände wirklich nur äußerst
ungerne aus meinen Handschuhen heraushole. Wir besprechen dabei wie wir weiter
vorgehen möchten, und beschließen den Sarek jenseits des Skierffe bleiben zu
lassen. Es hat in unseren Augen wenig Sinn bei den schlechten
Sichtverhältnissen einen Weg oder gar einen Zeltplatz zu suchen. Das wäre wohl
nur mit relativ intensiver Zuhilfenahme von GPS sinnvoll möglich, und darauf
haben wir keine Lust. Während der Mittagspause hat sich Reif auf meinen
Handschuhen gebildet. Also steigen wir nach dem Essen nur die letzten 100
Höhenmeter zum Gipfel, sehen aber über der steilen Kante nur dichtes, milchiges
Weiß. Wir machen ein leicht ironisches Gipfelselfie, und steigen wieder ab. Wir
planen jetzt, heute Abend nicht ganz ins Tal hinunter zu gehen, sondern auf
halber Strecke zu zelten, um morgen bei hoffentlich besserer Wetterlage den
Skierffe mit leichtem Gepäck noch einmal in Angriff zu nehmen. Der
Wettervorhersage nach dürfte das funktionieren.

Der Abstieg plagt leider wieder mein Knie, aber von oben fällt es uns wesentlich leichter den Weg zu finden, und wir erkunden sogar einen Pfad, der uns an dem Sumpf vorbei führt und landen so ganz unproblematisch und entspannt bei der Abzweigung vom Kungsleden zum Skierffe. Ein drittes Mal sehen wir hier die (potenziell) selben, schönen Raben. Hier ist ein guter Zeltplatz und wir bauen das Zelt auf. Kurz nachdem es steht regnet es wieder, und erst als wir - mit abgeschlossener Abendroutine - in unseren Schlafsäcken liegen hört der Regen auf.
Dieser Artikel ist Teil der Reihe Kungsleden 2022.
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